“Du Schatz auf La Gomera gibt es ein Hippiedorf, wo viele Alternative und Aussteiger den Winter verbringen, hast du nicht Lust, dorthin zu reisen, um uns das Ganze anzusehen? Für die Kinder ist es sicher ein Traum dort!”, fragte mich meine Freundin als bei uns die Tage im Dezember immer kürzer wurden und auch das Wetter nicht gerade angenehm war. So begann das Abenteuer La Gomera – Trails und Hippies.

Nach einem kurzen Trailcheck im Internet und arbeitstechnische Terminverlegungen war dann klar, dass wir Mitte Jänner nach Teneriffa fliegen und von dort aus, dann weiter nach La Gomera, genauer nach Valle Gran Rey dem Tourismuszentrum der Insel zu reisen. Viva La Gomera – Trails und Hippies
Mit der Schnellfähre ging es nach einer Eingewöhnungsphase auf Teneriffa in 50 Minuten von Los Cristianos nach San Sebastian de La Gomera, der Hauptstadt der zweit kleinsten Insel der Kanaren im Atlantischen Ozean. Schon beim Einfahren in den kleinen Hafen der Dorf ähnlichen Hauptstadt der 370 km² großen Vulkaninsel, funkelten meine Augen, schroffe Felsen von denen sich vereinzelt Trails bis an den Atlantik schlängeln.

Gleich vorweg, man darf bis auf ein paar Ausnahmen im Nationalpark des Nebelwaldes welcher rund um den 1487m hohen Garajonay liegt, fast alles mit dem Bike befahren, sollte aber über Fahrtechnik verfügen, also Flowtrail-Poser werden hier ihre Mühe haben.
Mit der richtigen Planung hat man die Trails meist fast für sich allein. Entweder zeitig in der Früh oder am frühen Nachmittag, wenn die meisten Wanderer schon wieder von ihrer Tour zurück sind.
Begegnet man doch jemanden, wird man meist mit skeptischen Blick begutachten und gefragt, ob man weiß was man tut und ob das Ganze nicht gefährlich sei. Nach einem kurzen Smalltalk, bei dem man den Fragenden erklärt, dass die Gefahr für ihn und mich eigentlich die Gleiche ist, wurde freundlich gegrüsst und weiter gefahren. Ein wichtiger Punkt hierbei ist, dass wenn ein Wanderer in meinem Blickfeld auftauchte, ich das Tempo drosselt, klingelte und in sicherer Entfernung zu ihm kontrolliert stehen blieb.

Es kam vor, dass ein über 80 Jahre alter Brite zu mir meinte, schade das es solche Bikes nicht schon früher gab, denn sonst wäre er hier schon vor Jahren runter gefahren. Wer jetzt meint, dass diese Trails so flowig sind wie bei uns in den Alpen, hat sich getäuscht :)!
Im Nebelwald gibt es die ein oder andere flowige Passage, alles andere ist eher Hochalpin und nur mit der nötigen Fahrtechnik und Schwindelfreiheit zu empfehlen.
Loses Geröll und Steinstufen gestalten die Trails, dazu kommt noch das es sich um Lavagestein handelt und die Steine etwas scharfkantiger sind als gewohnt, was den Fahrradshops ein gutes Geschäft durch den Verkauf von Schläuchen beschert. Der teuerste Schlauch auf der Insel kostet 6,50 Euro (Conti), also kann man die auch hier besorgen, nur sollte man mindesten 2 bis 3 Schläuche plus Flickzeug und einer guten Handpumpe im Rucksack haben.

Das Wegenetz ist sehr gut ausgebaut und vorbildlich beschildert, so das man auch ohne GPS dort ankommt, wo man hin möchte. Die meisten Trails die ich gefahren bin, werden in den Wanderführern als schwer beschrieben, was auch bei manchen wirklich zutrifft.

Zurück zu unserer Landung in La Gomera, mit dem Mietauto ging es dann gleich nach Valle Gran Rey, dem ehemaligen Hippieaussteigerort, wo wir ein Appartment bezogen. Dort am Strand angekommen traf mich fast der Schlag, ein alternativer kleiner Ballermann auf den ersten Blick, naja so schlimm war es nicht, nur hätte ich nicht mit so vielen deutschsprachigen Leuten gerechnet, sogar im Fernsehen gibt es nur deutschsprachige Sender.

Das einzige was noch an Hippies erinnerte waren neben den meist jungen Straßenkünstlern und den vom Leben gezeichneten Altjunks, die Trommler die jeden Tag den wildromantischen Sonnenuntergang begleiteten. Dieses Trommeln ist Tradition und eine große Menschenschar findet sich vor Sonnenuntergang am Strand ein und lauscht auf Steinstufen den Klängen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass man im Valle erst ankommen muss und sich an die ganzen Umstände zu gewöhnen. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase verschaut man sich in diesen Ort und es fängt einem an richtig gut zu gefallen. Hier läuft alles ein wenig entspannter ab, als gewohnt.

Die erste Biketour ging von Valle aus auf den südlich davon liegenden 614m hohen Tequergenche. Ich beschloss kurzer Hand den Wanderweg welchen ich abfahren wollte, aufwärts zu fahren bzw. zu gehen, um einen ersten Eindruck zu erhalten, was mich erwartet. Die meisten Passagen kann man das Bike nur schieben oder tragen, außer man hat Beine wie Jan Ulrich in den besten Jahren oder die heutigen Mittel. Das Abfahren war dann ein richtiger Genuss, technisch anspruchsvolle Teilstücke mit schnellen aufeinander folgenden Stufen, brachten ein Lächeln in mein Gesicht. Es muss auch dazu gesagt werden, dass dies die einzige Tour war bei der ich keinen Schlauch zu tauschen hatte. Bei einem kühlen Dorada lies ich den Tag am Strand mit Sandburg bauen mit den Kids ausklingen.

An den beiden folgenden Tagen machten wir Inselrundfahrten bei denen ich nach Trails ausschau hielt und wir die Kulinarik der Insel genossen.

Dichter Nebel begleitete mich am Anfang der nächsten Tour aus dem flowigen Nebelwald nach La Hayas, von dort ging es dann nach einem kurzen Zwischenstopp mit Smalltalk mit den Trailbauern weiter über Arure und La Merica auf dem immer technischer werdenden Trail nach Valle Gran Rey.

Vorsicht, bei diesem Trail sollte man versuchen in Kurven kein loses Material zum Absturz zu bringen, da sich der Weg in engen Serpentinen ins Tal schlängelt und der Weg stark begangen ist. Vor allem das letzte Stück erfordert eine gute Beherrschung des Fahrrads. Am La Playa angekommen, konnte ich es zuerst gar nicht glauben, aber es rollten surfbare Wellen an den Strand, die in den kommenden Tagen noch größer werden sollten. Dorada ausgetrunken und ab in die Wellen.

So wurden die nächsten drei Tage mit surfen an 3 verschiedenen Spots rund um Valle Gran Rey und Sandburg bauen am Strand verbracht. Hier ist man sehr oft noch alleine im Wasser, einzig auf die Steine sollte man ein Auge haben und sie wenn möglich meiden.



Unser nächster Ausflug führte uns nach Playa de Santiago, wo ich auf den Weg dorthin von Montana de Destene über Roquerde Berruga nach Playa de Santiago durch eine wunderschöne Landschaft mit dem Bike abfuhr. Nach vier Platten war ich froh, wie ich mich zu meiner Familie an den Strand legen konnte, welche am Strand auf mich wartete.




La Merica war wieder das Ziel der nächsten Ausfahrt, die ich kurz nach Sonnenaufgang startete. Vom Valle aus ging es über die Straße nach Arure und von dort wieder zurück ins Valle, wo wir im Anschluss einen Flohmarkt besuchten und danach mit einer anderen Familie den Tag ausklingen ließen.

Am Tag vor unserer Abreise ging es nach La Hayas zum Restaurant Casa Efigenia, wo eines der besten vegan Menüs gekocht wird, das ich je gegessen habe. Nach dem Essen ging es für mich über den Montana Farin nach El Hornillo und dann zurück ins Valle. Dieser Trail besticht durch seine Aussicht auf Valle Gran Rey.
Die Abreise fiel einem jeden von uns schwer, da wir uns eingelebt hatten und uns die Einfachheit der Insel mit ihrem Charme verzaubert hat.

Auf jeden Fall kommen wir hierher an diesen magischen Ort zurück, da es noch unzählige Trails und Naturschönheiten zu erleben gibt.
PS.: Die Bilder wurden von mir selbst und ein paar technischen Hilfen gemacht. Mehr davon gibt es auf Instagram #thefreeridecoach und natürlich auf Facebook!